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Schmerz – die Alarmanlage des Körpers

Wenn Einbrecher die Fenster eines Hauses einschlagen, setzt in Sekundenschnelle die Alarmanlage ein. Mit schrillen Signaltönen warnt sie

den Besitzer, dass er dringend etwas unternehmen muss, um weiteren

Schaden durch den kriminellen Eindringling zu verhindern. Ein ähnliches Warnsystem hat jeder Mensch – nicht zwangsläufig am Haus, aber immer im eigenen Körper: den Schmerz. Zugegeben, ein roter leuchtender Pfeil oder ein schnelles Blinklicht wären von der Natur sanfter gewesen, um uns auf Ungereimtheiten im Körpersystem aufmerksam zu machen. Doch stattdessen hat sich der Schmerz entwickelt. Er macht uns mit Pauken und Trompeten klar: „Körper, wir haben ein Problem!“. Und so weh es oftmals auch tut, wir können dankbar für die Existenz des schmerzhaften Schutzsystems sein, denn ohne es, könnten wir uns lebensgefährliche Verletzungen zuziehen, ohne es auch nur zu merken.

 

Schadensmeldung ans Gehirn

 

Damit das nicht passiert, haben wir die sogenannten Nozizeptoren über den Körper verteilt. „Nozi“ stammt dabei vom lateinischen Wort „nocere“ für „schaden“ ab und mischt sich mit dem Wort „Rezeptor“, das

Empfänger bedeutet. Der Name ist bei den Schadensmeldern Programm, denn es handelt sich um freie Nervenendigungen, die ähnlich wie Bewegungsmelder im Garten – die Störenfriede auf dem Grundstück aufspüren – als Warnfühler im Körper agieren. Die speziellen Rezeptoren nehmen als Schadensempfänger äußere Reize wie Dehnung, Druckveränderungen oder Temperaturunterschiede sowie Verletzungen und innere Auslöser wie Entzündungen wahr und leiten sie weiter. Denn am Tatort entsteht nur die Gewebeveränderung, nicht aber der tatsächliche Schmerz. Er entwickelt sich erst im Gehirn. Damit das geschehen kann, spüren die kleinen Nozizeptordetektive die Veränderungen auf und übertragen sie als Schadensmeldung auf das Rückenmark. Dies geschieht über zwei unterschiedliche Arten von Nervenfasern.

 

Fixe Weiterleitung

 

Ähnlich wie ein Wagen auf der Autobahn, kommt das Signal über die fixen A-delta-Fasern mit einer Leitungsgeschwindigkeit von bis zu 25m/s zum Ziel. So entsteht später der direkte, stechende Schmerz an der verletzten Stelle. Mit einer gemächlicheren Geschwindigkeit von höchstens 2m/s – ähnlich wie auf einer Landstraße – kommt das Signal auf den sogenannten C-Fasern voran. Leicht verzögert kommt auf diese Weise der dumpfe, nicht so leicht zu lokalisierende Folgeschmerz zustande. Doch egal wie schnell, beide Nervenfaserarten führen zum gleichen Ziel: dem Rückenmark.

 

Schaltzentrale für Schmerzreize

 

Das Rückenmark dient als Schaltzentrale für die Schmerzreize. Es filtert alle unter einer bestimmten Schwelle heraus, stempelt sie als zu unbedeutend ab und gibt nur die restlichen an das Gehirn weiter. Dort angekommen, wird es dann richtig spannend. Der Reiz geht über drei Bahnen in unterschiedliche Bereiche des Gehirns und wird erst dort bewertet und verarbeitet. Hier wird nicht nur die Quelle des Schmerzes lokalisiert, und eine entsprechende Schmerzempfindung ausgelöst, sondern auch das autonome Nervensystem zu Reaktionen wie erhöhtem Herzschlag oder Schweißausbrüchen angeregt, um den Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen. Gleichzeitig sorgt ein Reiz im limbischen System für passende Emotionen. Nun ist es für den Körper an der Zeit,

entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten, um den Schaden einzudämmen, wie zum Beispiel die Hand von der Herdplatte zu ziehen oder das verletzte Knie zu schonen. Irgendwann lässt der Schmerz dann nach. Doch nicht immer: Denn neben dem plötzlichen, akuten Schmerz,

gibt es auch noch eine chronische Variante. Hier verliert der Schmerz seinen alarmierenden Sinn und verselbstständigt sich. Obwohl die ursprüngliche Quelle nicht oder schon lange nicht mehr vorhanden ist, bleibt der Schmerz dauerhaft bestehen – er hat sich quasi in das „Gedächtnis“ der Zellen eingebrannt. Solche chronischen Schmerzen sind deutlich schwerer zu behandeln. Deshalb sollte man akute Schmerzen keinesfalls langfristig aushalten, sondern ihnen frühzeitig entgegenwirken, um eine Chronifizierung zu vermeiden. Denn Schmerz benötigen wir nur als warnendes Alarmsystem und nicht als quälenden Dauerbegleiter.

 

Seien Sie jetzt schon auf unseren nächsten Beitrag des BACKground-Wissensprojektes gespannt. Dann geben wir Ihnen tiefere Einblicke in aktuelle Studien zum Rückenschmerz.

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