Bewegen statt schonen:
Raus aus dem Teufelskreis Rückenschmerz
Legen Sie sich auch gleich hin und schonen sich, wenn Sie Rückenschmerzen haben? Hätten Sie gedacht, dass das in den meisten Fällen ein grober Fehler ist? „Schonung ist bei Rückenschmerzen meist der falsche Weg“, sagt Prof. Dr. Klaus Baum, Experte für anwendungsorientierte Trainingsforschung. Der Grund ist leicht nachvollziehbar. „Viele Rückenschmerzen entstehen durch zu langes Sitzen, Bewegungsmangel und einseitige Tätigkeiten“, so der Professor. „Zusätzliche Schonung würde langfristig noch Öl ins Feuer gießen und Rückenschmerzen erst richtig aufflammen lassen – der
Beginn eines unangenehmen Schmerzteufelskreises“, erklärt er.

Und wie genau kann Bewegung helfen? Weil der Aufbau des Menschen darauf ausgelegt ist. Unsere ganze Anatomie und Physiologie ist nicht darauf ausgerichtet, den ganzen Tag zu sitzen und dennoch tun wir es die meiste Zeit. Wir müssen deshalb versuchen, den Alltag bestmöglich mit Bewegung zu spicken, um uns selbst etwas Gutes zu tun. Bewegung brauchen wir in erster Linie für drei Dinge in Bezug auf die Prävention von Schmerzen: 1. um die Beweglichkeit zu erhalten, 2. um die Stützfunktion der Muskulatur zu fördern. 3. die Versorgung von Körperstrukturen sicherzustellen.
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Beweglichkeit:
Die Muskulatur ist ein fein aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel. Muskeln sind ein Netzwerk, die letztlich nicht nur einzeln für sich, sondern als Gesamtpaket funktionieren müssen. Bewegung hält die Muskeln geschmeidig. Sie werden alle gefordert und können mal arbeiten und mal entspannen. Das ist insofern wichtig, da unser Körper hauptsächlich aus Muskelketten besteht, die ineinandergreifen. Wenn es an einer Stelle klemmt, wirkt sich das auch auf den Rest der Kette aus. Dann zieht und zerrt es letztlich vielleicht an ganz anderer Stelle als am Entstehungsort des Problems. Durch Bewegung halten wir die Funktion der restlichen Muskulatur intakt, selbst wenn es irgendwo zwischendrin mal Schwierigkeiten gibt. Die Verspannungen weiten sich nicht aus, sondern können abgebaut werden. Die Knoten lösen sich und alles funktioniert wieder wie geschmiert.
2. Stützfunktion:
Unsere Gelenke sind in der Regel zwei aufeinandertreffende Knochen, die irgendwie miteinander verbunden werden müssen. Stabilität gibt der Verbindung neben anderen Strukturen (wie Bändern) die Muskulatur. Sie hält ein Gelenk an Ort und Stelle und führt es bei Bewegungen. Auch die Wirbelsäule steht aus nichts anderem als vielen kleinen Gelenken. Außerdem hat die lange Säule eine große Last zu tragen. Die Rückenmuskulatur entlastet und unterstützt sie dabei tatkräftig. Wir sind selbst durch Bewegung und Stärkung der Muskulatur dafür verantwortlich, diese Stützfunktion bestmöglich zu erhalten und zu fördern.
3. Versorgung und Ernährung:
Wir essen jeden Tag, um unserem Körper die Bestandteile zu geben, die er benötigt, um seine Funktionen aufrechtzuerhalten. Doch auch Bewegung trägt dazu bei, dass spezielle Körperstrukturen überhaupt erst mit den richtigen Nährstoffen versorgt werden. So fördert sie nicht nur die Durchblutung bestimmter Gewebe und somit den Nährstofftransport und den Stoffwechsel, sondern sichert auch die Flüssigkeitsversorgung von Strukturen wie Bandscheiben und Gelenkknorpel.
Die Bandscheiben sind kleinen faserige Ringe mit einem gallertartigen Kern, die zwischen den Wirbelkörpern in der Wirbelsäule sitzen. Nur durch körperliche Aktivität entsteht die nötige Wechselbelastung, die zur Ernährung der Bandscheibe beiträgt. Bei Belastung wird nämlich Flüssigkeit aus dem Gallertkern herausgedrückt. Wird die Wirbelsäule und somit die Bandscheibe entlastet, wird die nun mit den nötigen Nährstoffen versorgte Flüssigkeit wieder eingesogen. So bleibt die Bandscheibe elastisch, um die Wirbelkörper abzupuffern. Bewegen Sie sich zu wenig, wird die Bandscheibe nicht mehr ausreichend mit Flüssigkeit und Nährstoffen versorgt, kann spröde und rissig werden und es drohen schmerzhafte Folgen wie ein Bandscheibenvorfall.
Bewegter Rücken, bewegte Gelenke
Auch für unsere Gelenkgesundheit ist Bewegung entscheidend, selbst, wenn schon Probleme vorliegen. Ein Beispiel ist Arthrose. Dabei handelt es sich um die wohl häufigste Gelenkerkrankung in Deutschland. Dabei verschleißt die abpuffernde Knorpelschicht im Gelenk, die für reibungslose Bewegung sorgt, sodass die Knochen aufeinanderreiben. Durch die empfindliche Knochenhaut ist das mit oft starken Schmerzen verbunden, unter denen die Betroffenen zum Teil erheblich leiden. Häufig meiden sie deshalb unnötige Bewegungen, um den Schmerzen Einhalt zu gebieten. Dabei ist genau das Gegenteil besonders hilfreich, denn nur durch Bewegung wird der Knorpel ausreichend mit Nährstoffen und Flüssigkeit versorgt. Schont sich der von Arthrose Betroffene, wird der ohnehin raue Knorpel noch spröder, die Schmierfunktion durch die Gelenkflüssigkeit nimmt ab und die Beschwerden nehmen zu.
Wir können die Erkenntnisse also mit einer bekannten Redewendung zusammenfassen: Wer rastet, der rostet.
Möchten Sie wissen, wie Sie mit einfachen Übungen zu Hause Ihren Rücken stärken können? Dann verpassen Sie nicht den nächsten Beitrag in der BACKground-Wissensserie.